Monday, May 30, 2011

Herkunft begründet keine soziale Zugehörigkeit

Während ich die wissenschaftliche Hausarbeit zum Abschluss meines Jura-Studiums über die sogenannten Ehrenmorde verfasst hatte, bin ich zu der Überzeugung gekommen, dass die Bezeichnung solcher Taten als Ehrenmord u. a. begrifflich misslungen ist. Die Taten haben nichts mit der Ehre zutun. Es sind archaische Strukturen, die gerade wegen Mangels an Dialogfähigkeit innerhalb der islamischen Tradition in den dem Islam angehörhigen Gemeinschaften das Vorkommen solchen Taten begünstigen, jedoch nicht begründen.


Die abendländische Weltanschauung basiert auf Ideen der Vernunft verbunden mit individualistischer Betrachtung von Menschen. Die Ehre ist insoweit der persönliche Verdienst eines Individuums, losgelöst von seiner Herkunft und Zugehörigkeit. Wer Personen aufgrund deren Herkunft zu bestimmten Weltanschauungen und religiösen Angehörigkeiten in Verbindung bringt, leidet unter Informationsmangel. Zudem lässt er im Wesentlichen die diffrenzierte Betrachtung der Dinge und Zusammenhänge außer Acht.
In diesem Kontext ist anzumerken, dass Extremismus auch dann entsteht, wenn die Masse bzw. Einzelperson anfängt zu verallgemeinern und diese Verallgemeinerung als Instrument zur Degradierung und Deformierung einzelner Personen benutzt wird. Nicht jede/jeder Bürgerin/er mit islamisch/afghanischer Herkunft ist eine/er Terroristin/Terrorist bzw. eine/er Talibanangehörige. Insoweit beobachte ich zunehmend zwar noch eine scherzhafte Tendenz, die Menschen aus Afghanistan als Talibanangehörige zu bezeichnen, oder Menschen mit islamischen Herkunft als Islamisten bzw. Extremisten zu beschreiben. In einer Zeit, in der Terrorismus und Extremismus ernstzunehmende Gefahren in sich bergen, ist es unfair und unklug, Menschen aus Leichtsinn, persönlicher Betroffenheit oder ähnlichem mit solchen Bezeichnungen anzugreifen und sie vielleicht in Erklärungsnot zu bringen. Auch historisch gesehen, ist diese Verfahrensweise nicht mehr vertretbar.

Betrachtet man den Begriff "Islamist", so bescheibt dieser doch nur, dass der der gerade mit der Bezeichnung gemeint ist, dem Islam angehört. Genauso, wie wir den Begriff "Christ" verstehen. Auch wenn der Begriff "Islamist" inzwischen durch die Medien mit einem negativen Inhalt belegt wurde, ist er nicht mit dem Begriff "Extremist" gleichzusetzen.

Nun aber eine Anmerkung zu der Annahme, dass jede Person mit islamischer Herkunft in archaiischen Denkweisen verhaftet sei. Genauso, dass die Herkunft und Zugehörigkeit zu einer Kultur keine Erlaubnis zur Begehung einer Unrechtstat in sich tragen darf, ist die Annahme unbegründet und falsch, dass jede/jeder Angehörige einer bestimmten Kultur allein aufgrund seiner Herkunft eine potentielle Gefahr für die Allgemeinheit darstellt. Hinzu kommt, dass das Urteilen über ein Individuum, in wieweit er sich in Konflikt mit den Weltanschauungen und Wertvorstellungen innerhalb unseres Rechtssystems befindet,ist immer noch der alleinige Anspruch und die Aufgabe des Rechtsstaates. Also liebe Kiosk-Philosophen und gelangweilte Society-Ladies ! findet für eure persönliche Rache und Enttäuschung bzw. Schnaps-Theorien ein anderes Ventil. Oder einen fähigen Arzt, denn auch Rachsüchtigkeit ist eine Sucht mit Behandlungsbedarf. Der letzte Satz ist ein persönlicher Appel, weil auch ich als eine Person, die sich nur dem humanen und freien Denken verpflilchtet fühlt, immer wieder mit Asoziationen, nämlich meiner Herkunft und damit verbundenen kulturellen und religiösen Aspekten, die ich nicht unbedingt teile, angegriffen worden bin.

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